Schulraumnot in den 1950er Jahren: Die Geburtsstunde der Bayernschule

In den Nachkriegsjahren herrschte in München eine große Schulraumnot. Viele der umliegenden Schulen waren stark beschädigt oder mussten umfunktioniert werden. Über 1500 Schüler waren ohne eigenes Schulhaus und mussten auf umliegende Schulen verteilt werden. Man behalf sich zunächst notdürftig mit Behelfsbauten und Baracken. „In Schwabing handelt es sich um einen echten Notstand“, konstatierte damals Stadträtin Breitenbach (SPD). Der Stadtschulrat Dr. Anton Fingerle forderte, endlich von den Provisorien im Schulbau wegzukommen.1952 wurde dann im Stadtrat beschlossen, eine neue Schule am Bayernplatz zu bauen. Insgesamt 1,6 Millionen Mark wurden für den Schulneubau bewilligt. In einem ersten Schritt sollten das Hauptschulhaus und eine Turnhalle errichtet werden, im zweiten Bauabschnitt der Erweiterungsbau.

Das Schulgelände im Luitpoldpark

Als Bauplatz wählte man das südliche Ende des Luitpoldparks. Dieser Park wurde um 1900 als Erholungspark errichtet und nach dem beliebten Prinzregent Luitpold (1821-1912) benannt. Als Bayernplatz wird der ovale, mit Kastanienbäumen umgebene Bereich des Parkes zwischen Hiltensperger- und Erich-Kästner-Straße bezeichnet. Er entstand um 1925.

Wo heute unsere Schule steht, befanden sich einst Obstbäume und Gemüsegärten. Im Luitpoldpark wurden die Blumenbeete nämlich ab 1914 als Kleingärten genutzt, sie dienten in Kriegszeiten der Selbstversorgung mit Gemüse und Obst. Einige Grünflächen wurden sogar zeitweise zu Viehweiden umfunktioniert.

Gartenbesitzer und einige Firmeninhaber auf dem Baugelände mussten für den Schulneubau enteignet und entschädigt werden, was nicht ohne Proteste ablief. Man versuchte jedoch, die vorhandene Bepflanzung beim Schulneubau partiell zu erhalten und zu integrieren.

Der Baugrund bestand jedoch teilweise auch aus Kriegsschutt, weshalb der Erweiterungsbau auf sieben Meter lange Pfähle gegründet werden musste.

Eröffnung der Musterschule am Bayernplatz

Die Schule am Bayernplatz konnte bereits im Sommer 1953 eröffnet werden. Als modernste und schönste Schule, als Münchner Musterschule und Vorreiter im reformierten Schulhausbau, wurde die Schule am Bayernplatz gefeiert. Initiator des Baus war Stadtbaurat Dr. Hans Högg, der Entwurf stammte von den Oberbauräten Heinrich Volbehr und Fritz Zeitler. Die Idee der Auflockerung in drei Teile und die Einbettung in die parkähnliche, natürliche Umgebung waren ganz im Sinne der Reformpädagogik. Die Klassenräume konzipierte man als „Schulwohnstuben“. Jeder Klasse war ein eigener Farbton zugeordnet, Garderoben, Vorhänge, Türen und Schränke wurden darauf abgestimmt.

Es gab moderne Tische und Drehstühle anstelle der alten Schulbänke. Jedes Klassenzimmer verfügte über Rundfunkanlage, Projektionseinrichtung, schallschluckende Decken und fließendes Wasser. Auch die Lehrerzimmer waren aufwändig gestaltet. Fachräume fürs Werken und Kochen, ein Schularztzimmer, ein Gymnastiksaal unter dem Dach, besonders breite Pausengänge und sogar ein Brausebad zum allwöchentlichen Duschen im Untergeschoss kennzeichneten die vorbildliche Ausstattung der Schule am Bayernplatz. Die großzügigen Verglasungen sorgen für viel Helligkeit und Durchblicke ins Grün.

Die künstlerische Wandgestaltung im verglasten hinteren Eingangsbereich „Die heimische Tierwelt“ stammt von dem renommierten Maler und Grafiker Günther Graßmann (1900 – 1993).

Erweiterungsbauten und Turnhalle

Im ersten Bauabschnitt wurde das Hauptgebäude errichtet. Mehr als 1200 Schüler bezogen die neue Schule. Die Raumnot konnte damit aber noch nicht behoben werden: Der Unterricht in Klassen mit über 40 Schülerinnen und Schülern musste in Vormittags- und Nachmittagsschichten abgehalten werden. Für den zweiten Bauabschnitt waren ursprünglich drei flache Pavillonbauten vorgesehen, die jedoch in dieser Form nicht realisiert wurden. An deren Stelle wurde ein kompakter, dreigeschossiger Erweiterungsbau nach einjähriger Bauzeit 1959 fertiggestellt. Damit war die Schulraumnot dann vorerst beendet. In diesem Schulgebäude wurden in den ersten zehn Jahren nichtkatholische Schüler unterrrichtet. Der Sportunterricht war in den Anfangsjahren ein Sorgenkind der Schule am Bayernplatz. Die Schüler mussten bei schlechtem Wetter oft die Turnhalle der Elisabethschule benutzen, da der Gymnastikraum im Dachgeschoss nicht ausreichend Platz bot. Der Turnhallenneubau 1960 auf der gegenüberliegenden Spielwiese brachte auch hier endlich Entlastung.

Im Jahre 1972 blieb die Turnhalle jedoch über Monate hin gesperrt; das Organisationskomitee der Olympiade war hier untergebracht worden.

Die Schule wurde dreigeteilt geführt als „Katholische Knaben- und Mädchenschule und Gemeinschaftsschule“ mit jeweils eigenen Schulleitern. Mit der Neugliederung in eine Grund- und Hauptschule 1969/70 wurden die Grundschüler im Erweiterungsbau und die Hauptschüler im Hauptgebäude untergebracht.

1994 entstand ein Schulbiotop mit Wasserteich und entsprechender Bepflanzung. Schüler, Eltern und Lehrern der Grundschule hatten sich bei den Bauarbeiten engagiert. Das Umweltbewusstsein der Kinder sollte so bereits im jungen Alter geweckt werden.

Der Auszug der Hauptschule bzw. Mittelschule erfolgte im Jahr 2013/14. Neuer Hauptnutzer des Hauptgebäudes ist seitdem eine Zweigstelle der Städtischen Kinderpflegeschule, deren Neubau in Planung ist.

Die Schülerzahlen der Grundschule im Schulsprengel steigen seit einigen Jahren durch Zuzug, Neubaugebiete in der näheren Umgebung und Zunahme der Geburtenzahlen beständig. 2016 erfolgt daher die Errichtung einer Pavillonanlage mit vier Klassenräumen, zwei Mehrzweckräumen und einem Lehrerzimmer auf dem Gelände des Sportplatzes neben der Turnhalle und dem Städtischen Hort Clemesstraße 100.

Betreuungsangebote im Umfeld der Schule

Die Betreuung der Kinder nach Schulschluss gewinnt mit den Jahren an immer größerer Bedeutung. Nach Drängen des Elternbeirates wurde 1993 ein Hort mit zwei Grundschulgruppen auf dem Gelände des Sportplatzes eingerichtet. 1996 folgte die Mittagsbetreuung der Elterninitiative „Schwabinger Strolche“, die sich direkt in den Räumen der Schule befindet und auch den Schulhof zum Spielen nutzt. Engagierte Eltern gründeten schließlich 2015 eine weitere Mittagsbetreuung, die „Schwabinger Füchse e. V.“, in einem großen Raum der Schule.

Berühmte Schüler

Fritz Stammberger (*1940 – 75), Bergsteiger Skifahrer, Abenteurer. Stammberger besuchte in den 50er Jahren die Bayernschule und wanderte später in die USA aus. Von einer Himalaya-Expedition ist er nicht mehr zurückgekehrt.

Georg Brauchle (*1915 – 68) war von 1960 bis 1968 Zweiter Bürgermeister von München. Er arbeitete von 1953 bis 1958 als Lehrer an der Grundschule am Bayernplatz.

Christian Ude (*1947) war vier Jahre Schüler der Bayernschule und von 1993 bis 2014 Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München.

Die Schule im Film

Im Film „Frau Irene Besser“ (1961) mit Kinderstar Oliver Grimm

Zusammenfassung durch Julia Brandes, Mitglied des Elternbeirats 2015/16, Februar 2016

Quelle: Alle Informationen und Bilder entstammen der „Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Volksschule am Bayernplatz“, München 2003